Hamburg: Container stehen auf dem Container Terminal Burchardkai im Hamburger Hafen.

Treffen in Hamburg Sorge vor Kokainschmuggel und den Folgen

Stand: 07.05.2024 04:37 Uhr

Seit Jahren wird immer mehr Kokain nach Europa geschmuggelt. Bei einem Treffen in Hamburg wollen Vertreter mehrerer Staaten aus Politik, Polizei und Zoll über Maßnahmen beraten.

Von Philipp Eckstein, ARD Berlin

Die Sicherheitsbehörden in Europa haben in den vergangenen Jahren immer mehr Kokain sichergestellt. Im Fokus stehen dabei die drei größten Häfen in der Europäischen Union: Rotterdam, Antwerpen und Hamburg. Doch obwohl dort immer mehr Kokain beschlagnahmt wird, gehen Ermittler davon aus, dass nur ein kleiner Teil der Schmugglerware abgefangen wird. Zugleich warnen sie vor der Gewaltbereitschaft der Drogenbanden und den hohen Gewinnen, die beispielsweise auch genutzt werden, um Hafenmitarbeiter zu bestechen.

Bei einem Treffen in Hamburg wollen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Vertreterinnen und Vertreter von Politik, Polizei und Zoll aus mehreren europäischen Staaten heute gemeinsam beraten, wie der Drogenhandel effektiver bekämpft werden kann.

"Bitte helfen sie uns"

Das Treffen ist ein Beleg dafür, dass die Bundesregierung und die EU-Kommission dem Thema mittlerweile deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken als noch vor einigen Jahren. Grund dafür ist aber auch: Die Probleme haben zugenommen. Deutlich wurde das beispielsweise Ende April, als die Bürgermeister von Antwerpen, Hamburg und Rotterdam nach Berlin zu einem Treffen mit Innenministerin Faeser reisten.

"Bitte helfen sie uns", rief dort Rotterdams Bürgermeister Ahmed Aboutaleb und richtete seinen Appell sowohl an Deutschland als auch an die EU. Er berichtete, die drei Häfen hätten dem internationalen Handel den roten Teppich ausgelegt. Aber dieser rote Teppich werde auch vom internationalen organisierten Verbrechen genutzt. "Damit muss Schluss sein", forderte Aboutaleb und warnte vor der hohen Gewaltbereitschaft der Drogenbanden und dem vielen Geld, mit dem die Kriminellen die örtliche Wirtschaft korrumpieren könnten. Den Preis dafür zahle die Bevölkerung.

Die Zahlen steigen

Auch Bart de Wever, Bürgermeister im belgischen Antwerpen, warb für eine enge Zusammenarbeit der drei Hafenstädte. Die sei nötig, da man ansonsten die Probleme nur von einem zum anderen schiebe.

In Antwerpen wurden im vergangenen Jahr rund 120 Tonnen Kokain sichergestellt. In Rotterdam waren es knapp 60 Tonnen, in Hamburg rund 34 Tonnen. Und seit Jahren steigen die Zahlen. "Das ist eine ernste Bedrohung", sagte dazu Ende April auch Peter Tschentscher, Hamburgs Erster Bürgermeister.

In Hamburg geht, auch nach Warnungen aus Rotterdam und Antwerpen, die Sorge um, dass sich das kriminelle Geschäft immer stärker in die Hansestadt verlagern könnte. Die Stadt hat darauf zuletzt reagiert. Ende Mai soll ein behördenübergreifendes Hafensicherheitszentrum die Arbeit aufnehmen. Polizei und Zoll warnen derzeit mit einer Kampagne gezielt Beschäftigte im Hafen davor, sich von Kriminellen für hohe Bezahlung einspannen zu lassen. Zudem gibt es ein anonymes Hinweisgeberportal.

"Die Gewaltspirale durchbrechen"

Doch klar ist auch: Die drei Hafenstädte können im Kampf gegen den internationalen Drogenhandel allein nur wenig bewirken. Auch ein Staat allein "kann das nicht", sagte Innenministerin Faeser den Bürgermeistern bei ihrem Besuch. Ziel müsse es sein, "die Gewaltspirale, die mit den Drogen aus Südamerika bei uns ankommt, zu durchbrechen".

Dafür möchte Faeser, die Ende Februar Südamerika besucht hat, auch vor Ort ansetzten. So soll die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden in den Produktions- und Transitländern von Kokain verstärkt werden.

Das ist einer der Punkte, die auch beim Treffen in Hamburg besprochen werden sollen. In einer gemeinsamen Erklärung wollen die teilnehmenden Staaten zudem darauf drängen, die Logistikzentren in der EU resilienter zu machen und verstärkt gegen international agierende kriminelle Netzwerke vorzugehen. Ein besonderer Fokus soll dabei auf die Geldflüsse krimineller Banden gelegt werden.

Hohe Profite in Europa

Wie erfolgreich der Kampf gegen den Drogenschmuggel sein wird, hängt auch davon ab, wie sich die Nachfrage nach Kokain in Europa entwickelt. Europa gilt weiterhin als der lukrativste Markt für illegalen Kokainhandel. "Hier werden die höchsten Preise gezahlt", sagte zuletzt Hamburgs Erster Bürgermeister Tschentscher.

Die hohen Profite locken Kriminelle, die in der Vergangenheit wieder und wieder bewiesen, dass sie Wege finden, Kokain trotz immer schärferer Sicherheitskontrollen nach Europa zu schmuggeln.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, appelliert auch deshalb an potenzielle Drogennutzer: "Jedes Gramm Kokain, das nicht konsumiert wird, finanziert nicht das Organisierte Verbrechen, korrumpiert nicht die Staaten Mittelamerikas, verseucht nicht die Umwelt der Produzentenländer und gefährdet keine Menschenleben", teilte er auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios mit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 06. Mai 2024 um 11:30 Uhr.